Team Bittel
 

7. ebm Hohenlohe Marathon am 07.09.2002 in Niedernhall  

Autor:  ErwinBittel   E-Mail: erwin@teambittel.de
Letzte Änderung: 08.09.2002 16:35:51

Kleiner Landschaftsmarathon - frech geschrieben



Niedernhall, wo bitte liegt das? Sie wissen es auch nicht? Als ich mir den Prospekt des Laufs vor Monaten auf irgendeiner Marathonmesse einsteckte, da dachte ich nicht daran, wo das liegen könnte. Klang aber gut. Ich bin eigentlich ganz gut in Erdkunde. Gut, das können Sie nicht wissen. Aber Niedernhall...? Klingt irgendwie wie Schwäbisch Hall, oder? So nehme ich am Donnerstag vor dem Lauf den besagten Prospekt in die Hand. Und: ja, ich liege richtig! Der Prospekt zeigt es mir anschaulich wo es liegt. Okay, ich gebe zu es war Glück, ich habe geraten.

Da steht dann weiter: „reizvolles Kochertal, entlang der Weinberghänge, durch fünf Weinorte“. Danke, das reicht mir, meine Lust sagt mir schon, diesen Marathon laufen wir zusammen mit. Landschaftsläufe gefallen uns. Außerdem ist der Prospekt schön blau und künstlerisch wertvoll.

Endlich ein Marathon der an einem Samstag ist. So begebe ich mich am Morgen auf den Weg dorthin. Zugegeben, ich komme zu spät von zuhause weg, um rechtzeitig eine Stunde vor dem Start dort zu sein, denn ich habe verschlafen. Wenn Sie mich kennen würden, dann wäre das nicht besonders neu für Sie, denn ich schlafe gerne. Aber das ist ein anderes Thema. So komme ich 40 Minuten vorher an und finde leicht zur Sporthalle. „Noi noi, da hätte mir koi Probläm damit“. Ich darf mich noch anmelden. Dank der charmanten Organisation! Sie denken jetzt, die Hohenloher sind Baden-Württemberger oder gar „Schwaben“. Geographisch zwar schon, aber sie sind historisch gesehen echte Franken. Und sie sind stolz darauf. Sie sind eben “Noi-Noi-Franken”.

Ich parke an einer schönen mittelalterlichen Steinmauer. Ich räkle mich in der Morgensonne und beginne meine Dehngymnastik. Ersteres gefällt mir heute besser als zweiteres. Ich laufe mich warm durch das schnuckelige winzige Städtchen, vorbei an alten Stein- und Fachwerkhäusern, über die Kochelbrücke. Es gefällt mir sehr hier, muss ich sagen. Und danach fragen meine Lust und ich uns, wie schnell wir heute wohl laufen wollen. Vielleicht wissen Sie schon, dass ich das meistens erst so knapp vorher entscheide. Wenn nicht, dann wissen Sie es jetzt. Ich kenne die Strecke hier noch nicht, und vertraue daher der Beschreibung: „flacher Verlauf, ohne nennenswerte Steigungen, Radwege“. Auf jeden Fall wird es sonnig und warm, 25 Grad.

Heute wollen wir etwa drei Stunden laufen. Ich weiß was Sie jetzt denken. Das ist sehr schnell. Ja, da liegen Sie richtig. Aber wenn Sie meine Erfahrung und meine Beine hätten, dann wäre das für Sie auch leicht. Glauben Sie mir.

Viel Zeit habe ich nicht, doch ich gehe in Ruhe zum Start. Der ist bereits in vollem Gange. Der Sprecher spricht mit aufgeregter Stimme schon von Loslaufen. Ich stehe in der ersten Reihe. Da möchte heute irgendwie keiner stehen, fällt mir auf. Ich bin ganz in Gedanken, was das für ein romantisches kleines Städtchen ist. Sie müssen das mal sehen! Zum Glück zählen alle lautstark mit beim „10,9,8,...3,2,1 – Knall!“, ich hätte sonst nicht gewusst, dass es schon los geht. Mit dem Knall laufen wir etwa 300 Morgenläufer los ins grüne enge Kochertal. Hunderte von klatschenden Leuten und viele Kinder säumen die ersten Meter. Das ist was für’s Herz.

Die Sonne wärmt den Asphalt auf dem wir laufen. Ich sage Ihnen, man muss heute sehr vorsichtig beginnen, das wird ein „Hitzelauf“. Vor mir laufen vielleicht dreißig, vierzig und neben mir läuft Sabine. Sie ist hübsch und nett. Und soviel sage ich Ihnen schon mal, sie ist die spätere Siegerin. So laufen wir also weiter. Wir überqueren die Kocher, ein paar mal, auch auf einer klappernden alten Holzbrücke. Ich sagte nicht klapprig. Lesen Sie richtig. Nichts ist hier klapprig. Hier in der Gegend ist überhaupt alles romantisch, gepflegt und gut in Schuss. Sie können ja mal vorbeikommen und nachprüfen, wenn Sie wollen.

Ab km5 beschließe ich allmählich ein klein wenig schneller zu werden. Erwin, den ich von einem anderen Marathon in Köln kenne grüßt mich, als ich an ihm vorbeilaufe. Hallo. Wir haben uns lange nicht gesehen. Sonst kenne ich heute niemanden hier. So treibe ich auf meinen Gedanken. Plötzlich, ganz ohne Vorwarnung kommt mir an einer Ecke der erste Läufer entgegen. Fast wären wir zusammengestoßen. Und bald kommt dann auch der erste Wendepunkt in Künzelsau. Km8. Es ist immer noch früher Morgen, aber es sind schon erstaunlich viele Künzelsauer auf den Beinen und applaudieren kräftig. Ich laufe zuerst um die eine, dann um die andere der beiden zwei Meter hohen Wendesäulen aus weißen und grünen Luftballons. Jetzt begegne ich nach und nach den vielen anderen Marathonis. Manchmal muss ich quer durch die entgegen kommenden Läufer, weil ich sie in der Kurve erst spät sehe. Als dann die Reihen der Entgegenkommenden dichter werden läuft alles sortiert und problemlos aneinander vorbei. Bald kommen auch die ersten Halb-Marathonis, die kurz nach uns los sind, und dann die vielen 10km-Läufer.

Ich bleibe an jeder Verpflegungsstelle kurz stehen. Es gibt viele Verpflegungsstellen. Ich nehme einen Becher Mineralwasser und einen der bunten Schwämme. Solche nassen Schwämme sind sehr praktisch, man kann sie über seinem Kopf ausdrücken, was kühlt und sich dann noch den Schweiß damit abwischen. Das erste Drittel ist hinter mir. Beim km14-Schild stehen drei Zuschauer und einer fährt mir sogleich auf Inlinern hinterher. Als er neben mir rollt filmt er mich und fragt wie es mir gehe. Ich laufe locker. Sie wissen es schon, aber er weiß es noch nicht. „Ganz gut“, sage ich, „ist ja noch weit“. Ob es warm wäre heute. „Ja, ein bisschen warm ist es“. Jetzt wo der Schatten auf den Wegen des engen grünen Tals weg ist und kein Lüftchen weht wird es warm. Kurz darauf überholt mich schwitzend der erste Halb-Marathoni und wenig dahinter der zweite.

Dann kommen wir wieder nach Niedernhall. Mittlerweile km16. Der Sprecher übertönt die fetzige Musik und macht im Eifer des Gefechts den Halbmarathon aus Versehen um einen km kürzer. Wenn Sie wissen was ich meine. Ich verzeihe ihm gerade, als ich hinter mir aus der Ferne höre, dass er sich mittlerweile erinnert wie lange ein halber Marathon ist. Naja, es gibt wichtigeres im Leben. Sagen Sie doch auch, oder? So, jetzt laufe ich mittlerweile ziemlich alleine weiter vor mich hin. Die weißen Kilometerschilder ziehen an mir vorbei, ich blicke der Kochel nach wie sie ruhig in zehn Metern Entfernung neben mir fließt. Km21, km22, km25. Hoppsa, denken Sie, km25? Da hat er doch nicht aufgepasst. Und Sie haben sogar Recht. Irgendwie haben mich meine Gedanken gerade fortgetragen. Das Laufen geht wie von selbst.

Jetzt bemerke ich, so richtig flach ist dieser Marathon hier nicht. Gut, es gibt hügeligere Parcours, aber der hier ist nicht „ohne nennenswerte Steigungen“. So eine dieser nicht nennenswerten Steigungen ist die vor und dann gleich noch mal nach dem zweiten Wendepunkt, der nahe ist, denn es kommen mir die ersten Läufer entgegen. Die Sonne brennt seit einer Weile von links kräftig auf meine Schulter und auf meine Mütze. Km28. Ich schwitze und erwache für einen Moment aus meinen Gedanken. Sie möchten wissen was ich gerade denke? Ich werde mir überlegen ob ich es Ihnen sage. Lesen Sie weiter.

Es geht bergab, eine Verpflegungsstelle, km29 und dann der Wendepunkt Nummer zwei. Jetzt weht mir der Wind entgegen. Erst jetzt bemerke ich ihn. Sie denken sich, der Wind kühlt. Ja, das tut er, aber er bremst auch, kann ich Ihnen sagen. Und ab km30 möchte niemand gerne gebremst werden, denn es ist sowieso schon schwer. Der Wind weht weiter und ich laufe ebenfalls weiter. Jetzt kommt mir jemand auf dem Fahrrad entgegen und ruft mir meine Platzierung zu. Ich laufe dann an einem und dann an noch einem Läufer vorbei, die es vorziehen zu gehen. Ich versuche mir vorzustellen, was die sich wohl denken. Und schon komme ich wieder durcheinander wievielter ich bin. Egal. Es gibt wichtigeres im Leben. Sagte ich schon oben. Und Sie waren einverstanden, oder?

Irgendwann, vielleicht 3 km vor dem Ziel sehe ich endlich wieder jemanden vor mir. In ziemlicher Ferne. Da überholt mich Rainer, den ich dann später im Ziel kennenlerne. Es wird immer wärmer und langsam Zeit, dass ich ins Ziel komme. Meine Füße werden auch langsam schwer und da macht das Laufen nicht mehr so viel Spaß.

Km41, es geht noch einmal bergauf, wieder in Niedernhall. Derselbe Polizist regelt immer noch den Verkehr für uns Läufer. Und ich höre den Sprecher wieder. Bergab, um die Kurve und da stehen sie, die vielen anfeuernden Leute und Kinder. Es läuft mir Gänsehaut den Rücken runter, ich blicke einigen Zuschauern in die Augen, so gut es im Vorbeilaufen eben geht. Noch hundert Meter. - Geschafft! Und ich bekomme statt einer Medaille eine kleine CD umgehängt. Ich bin schon froh, dass ich im Ziel bin. Sie können es mir glauben uns sich mit mir freuen. Während Sie das tun gehe ich jetzt erst einmal einige Becher trinken.

Die Musik tobt, der engagierte Sprecher begrüßt weiter jeden der ankommt. Es ist viel los hier, Stände mit Essen, das Festzelt mit Bühnenprogramm, Kampfsport- und Kunstrad-Vorführungen und Tanz. Es gibt Bungee-Springen, Helikopter-Rundflüge oder Bogenschießen. Und eine ganze Menge für die Kinder: Betreuung während Mama oder Papa laufen, Hüpfburg, Schminken und Bemalen, Spielmobil, Ponyreiten und einen Clown. Da ist echt was geboten!

So, jetzt habe ich vorerst genug getrunken und beginne mit meinen Dehnübungen. Das tut gut, kann ich Ihnen sagen. Dann trinke ich noch eine Flasche leer und gehe mich auslaufen, mir noch mal das kleine Städtchen angucken. Nette Leute überall. Ich setze mich dann ins zuz warme Festzelt und warte auf die Siegerehrung. Leider dauert es bis dahin lange. Alle essen und ich plaudere ein wenig mit dem einen und anderen, die ich mittlerweile kenne. Danach dusche ich mich in der Sporthalle.

Bevor ich wieder heimfahre möchte ich mich auf jeden Fall noch massieren lassen. Es gibt zwanzig Masseure. Zwanzig, das sind viel für einen Marathon dieser Größe. Und ich muss nicht einmal anstehen. Mich massiert Kathrin, und oh, das macht sie sehr gut. Eine halbe Stunde lang. Ich habe ihr gesagt, dass ich es weitersagen werde, weil sie so gut ist. So eine Massage tut richtig gut nach den vielen Kilometern in den Beinen. Sie denken sich, dass ich dabei eingeschlafen bin? Sie wären bei so einer Massage sicher auch nicht eingeschlafen. Wo denken Sie hin, wie könnte ich nur? So eine fantastische Massage alleine ist schon Grund genug hier wieder zu laufen!

Bis nächstes Jahr!


Erwin vom "Team Bittel"



Infos: www.ebm-marathon.de
Starter: etwas über 2.000 (Rollis, Inliner, 10km, Halbmarathon, Marathon)
Weiterführender Link zum Thema: Homepage des ebm-Marathons
 
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