Team Bittel
 

11.11.2007 Der 6-Stunden-Lauf in Troisdorf  

Autor:  Dieter Ulbricht   E-Mail: Dieter.Ulbricht@onlinehome.de
Letzte Änderung: 19.11.2007 02:10:53

Was um Alles in der Welt treibt jemanden dann dazu, auf einer 2,5 km langen Strecke zu kreisen und das über 6 Stunden lang? Noch dazu bei den vorhergesagten üblen Witterungsbedingungen.
Bericht vom 6-Stunden-Lauf in Troisdorf

Wer mich kennt, der weiß dass ich mir meine Läufe sorgfältig auswähle. Die kleinen Veranstaltungen auf landschaftlich reizvollen Strecken reizen mich. Berlin, Hamburg oder New York treiben mir dafür klaustrophobische Schauer über den Rücken. Dafür war ich dieses Jahr in Graubünden, im Chiemgau oder in Galtür, alles naturnahe Bergläufe.

Was um alles in der Welt treibt jemanden dann dazu, auf einer 2,5 km langen Strecke zu kreisen und das über 6 Stunden lang? Noch dazu bei diesen vorhergesagten Witterungsbedingungen. Für den 11.11.2007 ist rund um Köln zum Glück nur vormittags schwacher Dauerregen prognostiziert. Gegen Mittag soll das Wetter sich ändern, hin zum heftigen Dauerregen. Somit sind es starke Motive, die mich nach Troisdorf locken: Da wären die Stunde Eins und Zwei! Beim Einlaufen in den ersten beiden Stunden bietet sich im noch dichten Läuferfeld die perfekte Gelegenheit, Kontakte zu knüpfen und zu pflegen. Überall wird eifrig geplappert über vergangene und künftige Wettkämpfe. Man kennt sich in der 6-Stunden-Szene. Die Gesichter sind oft dieselben und man freut sich, Freunde wieder zu treffen.

Oder Stunde Drei und Vier!

Es wird ruhig im Feld. Die Läufer kehren in sich. Ich versuche dann stets „meine Mitte“ zu finden, in Ruhe und Gleichmäßigkeit meine Runden abzuspulen. Du quittierst Rundengewinne/-verluste mit einem kurzen Gespräch über die heute gute oder eben schlechte Form.

Dann auch Stunde Fünf und Sechs!

Die Positionen manifestieren sich. Es geht hier und da um kleinere Positionsverschiebungen. Überrundungen werden höchstens noch mit einem anerkennenden Nicken quittiert. Es wird um die Meter gefightet. Glücklich ist, wer bis zu diesem Zeitpunkt noch bis 30 zählen kann. Lacht nicht! Irgendwann stellen sich alle die Frage, ob sie nun in der 17. Runde sind oder diese gerade eben absolviert haben!

Und zu guter letzt: das Ziel!

Der wichtigste Grund, einen 6-Stunden-Lauf zu absolvieren: jeder ist garantiert zeitgleich mit dem Sieger. Jeder hat die Chance, mit dem Sieger unter der Dusche zu stehen und die Siegerehrung verpasst auch niemand. Hier passiert es nicht, dass Du in dem Augenblick das Ziel erreichst, wenn der Sieger gerade frisch geduscht vom Siegertreppchen steigt.

Doch nun zum eigentlichen Lauf:

140 Narren und 45 Närrinnen, dazu 23 närrische Staffeln, bestehend aus je 5 Läufern oder Läuferinnen, stehen am 11.11.2007 pünktlich um 10:00 Uhr im Aggerstadion in Troisdorf zum Start bereit. Nicht bereit ist jedoch die Organisation, da sich die Fa. Mika-Timing mit der Zeitmessanlage verspätet. So werden wir zwar nicht erst um 11:11 Uhr, aber doch um eine viertel Stunde verspätet auf die Strecke geschickt, begleitet von einem Regenschauer, der sich genau zu diesem Zeitpunkt über uns Läuferinnen und Läufer ergießt.

Den schnellen Staffelläufern folgend, verlassen auch wir Ultras das Stadion, um schon nach wenigen hundert Metern die asphaltierte Straße zu verlassen. Wir biegen in einen Feldweg ein und haben nun die Qual der Wahl, die zahlreichen Pfützen entweder zu durchqueren, zu überspringen oder an der Seite zu passieren. Im Verlauf der Runden erübrigen sich solche Überlegungen. Wegen der anhaltenden Regenfälle heißt es bald nur noch: Augen zu und durch!

So schnell wie die erste Runde vorbei geht, hat sich auch das Feld schon sortiert. Wie in einer lang gezogenen Polonaise erreichen wir das Stadion, vorbei an der Verpflegungsstelle, auf die Laufbahn, wenden in einer engen Kurve, überqueren der Zeitmessanlage und schon schlängeln wir uns in die zweite Runde, in die dritte und in die jeweils nächsten.

Wenn jemand glaubt, das würde mit der Zeit langweilig, der irrt. Mal begleitet uns Regen, mal Hagel, mal sogar Sonnenschein, der die Pfützen des Damms in eine einzige glitzernde Spiegelfläche verwandelt. Und eine weitere Runde später ist plötzlich nichts mehr vom Wasser auf dem Damm zu sehen. Die Organisatoren um Ulli Knab machen sich die Mühe, alle Pfützen trocken zu fegen. Danke Ulli!

Leider hilft die Arbeit nur für eine Runde, ein heftiger Schauer macht alle Mühen zunichte und unser Pfützenhopsen beginnt von neuem.

Schön ist, dass durch die kurzen Runden kaum einer unbemerkt bleibt. Ich entdecke gleich zwei Weltrekordler, zum einen Wolfgang Schwerk, der in diesem Jahr u.a. die 1000 km-Marke innerhalb von 6 Tagen knackte und Regina Vollbrecht, die in diesem Jahr ihren eigenen Rekord unterbot. 3:18 h bedeutet Weltbestleistung im Marathon für blinde Läuferinnen. Chapeaux!

Und ich erlebe einen spannenden Wettkampf in der Damenkonkurrenz. Zahlreiche Läuferinnen der nationalen Spitzenklasse sind am Start. Und die Führende läuft seit einigen Runden beharrlich neben mir. Sie ist klein und unbekannt, doch nicht für mich, da aus Lauf/Pegnitz kommend. Sylvia Wünsche sucht ihr Heil in der Flucht, ständig attackiert von ihren Verfolgerinnen. Gemeinsam wehren wir zahlreiche Angriffe ab und erobern uns so die Aufmerksamkeit des Stadionsprechers, dessen Begeisterung kaum Grenzen kennt. Und Sylvias Engagement wird belohnt. Mit knapp über 72 km erobert sie Platz 4 und gleichzeitig Platz 11 der diesjährigen Weltbestenliste. Erst nach 4 Stunden werden wir von der späteren Siegerin Simone Stöppler überholt, deren 74256 Meter Platz 3 der Weltbestenliste bedeuten.

Meine 6 Stunden enden mit einer Punktlandung. 29 Runden und 107 Meter bedeuten zwar weder Sieg, den holt sich Jörg Hooß mit 80827 m, noch Bestleistung, doch einen ausgezeichneten Haltepunkt genau neben dem Eingang zur Umkleide. So muss ich nur kurz warten und kann nach dem Vermessen meiner Restweite flugs unter der heißen Dusche verschwinden. Es lösen sich Muskelschmerzen ebenso wie Dreckverkrustungen. Sauber und schon etwas erholt gönne ich mir auch noch eine wohltuende Massage, bevor ich zur Siegerehrung in der nahen Turnhalle gehe.

Dort werden wir wie jedes Jahr günstig, doch sehr lecker verpflegt und ein Beamer wirft bereits die ersten Impressionen vom Lauf an die Wand. Die kurze Zeit bis zu den Ehrungen vergeht bei netten Gesprächen wie im Flug und ich bin einer der Letzten, der die Halle verlässt.

Troisdorf 2008? Gerne wieder!

Es grüßt der Dieter

Weiterführender Link zum Thema: Homepage des Troisdorfer 6h-Laufes
 
[team/fuss.htm]