Team Bittel
 

03.10.2012 - Laufen am Nationalfeiertag (in Nürnberg)  

Autor:  KaiSchlachter   E-Mail: murphy§murphyslantech.de
Letzte Änderung: 13.10.2012 15:34:20

Ein markanter Termin für die Herbstanfang: Der Stadtlauf in Nürnberg
Woran merkt der Läufer, dass es Herbst wird? Ganz klarer Indikator für alle die “After-Work”-Training machen: So langsam kann man die Sonnenbrille beim Training weglassen. Es ist an der Zeit die Kopfleuchte wieder auf Funktion zu testen und mit neuen Batterien zu füttern.

Ebenfalls ein markanter Termin für die Herbstlaufzeit: Der Stadtlauf in Nürnberg, 2012 zum 17. Mal und wie immer am 3. Oktober, dem Tag der deutschen Einheit. Es ist für mich die Halbmarathon-Distanz an der ich bisher jedes Jahr teilgenommen habe, seit ich laufe. Zum sechsten Mal nun.

Entsprechend entspannt bin ich die ganze Sache auch angegangen. Vor dem Lauf war ich in Urlaub und in den 5 Tagen die ich wieder daheim war, habe ich nur 2 Trainingseinheiten absolviert. Eine davon flach und schnell, die andere lang und bergig. Mit sehr gemischten Gefühlen, immerhin musste ich dabei eine ordentliche Strecke bergan gehen, jeglicher Versuch zu joggen wurde sofort mit Wadenkrämpfen abgestraft. Ob das wirklich gute Bedingungen für einen Start in Nürnberg sind? Angemeldet war ich ohnehin. Also nicht kneifen sondern es als Trainingseinheit laufen und wenn die Zeit nicht so dolle ist, dann hat es halt nicht sollen sein… Um mich nicht zu sehr zu stressen reise ich am Vorabend an und übernachte in Kornburg, einem Vorort von Nürnberg. Dort komme ich wieder in einer Pension unter, man kennt mich und meine Laufgewohnheiten. Auch für den LGA-Indoor-Marathon in 5 Wochen miete ich mich dort wieder ein.

An der Strecke durch Nürnberg hat sich in den letzten Jahren nichts geändert. Aber was mir gleich nach dem Verlassen der U-Bahn am Opernhaus auffällt: Es ist “lichter” geworden im Bereich um die Bühne und auch auf den angrenzenden Flächen vor dem Opernhaus. Die letzten Jahre war es dort immer sehr gedrängt und eng. Dieses Jahr verteilen sich die Massen besser.



Auf dem Foto: Kai (links) + Helga mit LAuffreunden.



Die Strecke ist schnell beschrieben: 2 Runden entlang der Pegnitz und durch die Altstadt. In der zweiten Runde wird die Strecke leicht variiert, um auf die 21,1km zu kommen. Insgesamt ist es flach und verläuft größtenteils um die Pegnitz bzw. den Wöhrder See und die Wöhrder Wiese herum. Steigungen gibt es pro Runde 3 nennenswerte: Eine etwas längliche und sachte an der Brücke kurz vor dem Wendepunkt (km5+km16), die nächste (km8+km19) ist die heftigste: Sie führt vom Pegnitz-Niveau hinauf an die Lorenzkirche – auch bekannt als “Nonnensteig”. Diese ist recht knackig. Viele Läufer schalten hier einen Gang zurück und gehen die knapp 200m lange Passage. Zum Abschluss jeder Runde geht es durch den Stadtgraben vor dem Opernhaus – und natürlich aus selbigen auch wieder hinaus. Diese Steigung ist nicht sonderlich anspruchsvoll, aber so kurz vor dem Ziel kostet sie erheblich Kraft und Disziplin.

Ärgerlich finde ich die “deutsche Gründlichkeit” bei der Ausgabe der Startunterlagen. Es gibt feste Zeitslots zu denen man die Unterlagen für die einzelnen Läufe abholen kann. Für den Halbmarathon erst ab 12:00h. Also nichts mit Gepäck wegräumen und umziehen oder aufwärmen, als ich gegen 9:00h aufschlage. Also schaue ich mir die Starts und Zieleinläufe der 6km und der 10km an. Zwischenzeitlich treffe ich natürlich auch wieder auf Erwin Bittel, charakteristisch mit Hut und diesmal auch mit Sonnenbrille. Kurzer Läufer-Smalltalk und schon geht Erwin wieder zum Start. Wie jedes Jahr macht er den letzten Läufer, dafür aber über die 10km + 21km.

Sonne ist ein gutes Stichwort. Morgens ist es noch verdammt frisch in den schattigen Bereichen am Opernhaus. In der Sonne ist es ganz erträglich, angenehmes Wetter zum Laufen. Kurz vor dem Start zum Halbmarathon trübt es sich leider etwas ein. Wenige kleine Regentropfen fallen, aber das reicht nicht, um auch nur ansatzweise nass zu werden. Dafür ist der Wind etwas kräftiger geworden und treibt die gefühlten Temperaturen runter. Es wird Herbst, ganz klar.

Nach dem Start der 10km-Läufer habe ich endlich Glück bei der Ausgabe der Startunterlagen. Nun heißt es Umziehen in der Tiefgarage und Abgeben des Gepäcks. Wie immer gut organisiert durch die Jugend des TSV-Katzwang. Hier sei den vielen fleißigen Händen in der Tiefgarage gedankt, die das aufbauen und wieder wegräumen, wenn alle Läufer längst daheim sind.

Kurz vor dem Start treffe ich den Rest von Helgas Lauffreunden, der Laufgruppe mit der meine Lauferei 2007 im Nürnberger Wald seinen Anfang genommen hat. Mit den Jahren hat sich das ausgedünnt. Helga ist weiter dabei, auch Ihr Mann Heinrich geht dieses Jahr wieder über die Halbmarathon-Distanz an den Start. Und Robert hat es auch geschafft. Wichtiges Thema in der Gruppe: Wer hat es geschafft einen Startplatz in Bamberg für den Weltkulturerbelauf 2013 zu ergattern? Eröffnet wurde die Ausschreibung pünktlich um 0:00h am 1. Oktober. Mittlerweile kann man sich nur noch für die Warteliste eintragen. So schnell sind die Plätze weg. Bisher haben einzig Helga und ich einen sicheren Startplatz.

Noch etwas Smalltalk und dann gehts in den Startblock. Eigentlich will ich mich bei 2:00h einordnen, aber es ist so voll, da will ich nicht drängeln und ordne mich dahinter ein. Überholen kann man ja immer, und dank Netto-Zeit-Messung ist die Position im Block vernachlässigbar (abgesehen von Stockungen während der Sortierungsphase des Feldes).

Pünktlich um 13:30 ertönt der Startschuss und es tut sich erst mal nichts. Bis das Feld in Bewegung ist und ich über der Startlinie bin sind bereits 3 Minuten verstrichen. Aber egal, jetzt heißt es reinfinden und die Position im Feld suchen, an die man von der Geschwindigkeit her hingehört. So verbringe ich die ersten 2km mit stetigem Überholen – rechts und links vorbei, wo immer sich gerade eine Lücke bietet. Ich laufe bewusst locker und schaue dabei ein wenig auf die Uhr. Erster Kilometer 4:39 – für meinen Geschmack zu schnell. Ich nehme ein klein wenig raus, der zweite liegt bei 4:51. Das passt schon eher in den Kram. Mittlerweile laufen wir parallel zur Pegnitz und haben die Innenstadt hinter uns gelassen. In leichten Bögen geht es auf den Wendepunkt zu. Am ehemaligen Altenheim steht die 1. Versorgungsstelle mit Getränken. Ich lasse sie komplett aus, habe ja Wasser in meiner Flasche dabei und bekanntlich immer dann Durst, wenn gerade keine Versorgung in der Nähe ist.

Unter der Eisenbahnbrücke gibt es Musik, auch wie (fast) jedes Jahr: Akordeon. Ich lasse mich ein wenig mittreiben. Die Kilometer fliegen an mir vorbei. Km4 kommt in Sichtweite. Meine Zeiten haben sich um die 4:50 eingependelt. Das kann ich gut laufen und versuche die Geschwindigkeit konstant zu halten. Mir geht das erste Mal ein Mantra durch den Kopf, das ich mir während des Laufs immer wieder ins Gedächtnis rufe “Treiben lassen ja, aber nicht rein- oder an-treiben lassen”. Mit dem optimalen Laufwetter, bedeckt und nicht zu warm geht es über die Brücke kurz vor dem Wendepunkt. Wahnsinn schon fast ein Viertel geschafft – km5 ist genommen. Jetzt nur nicht übermütig werden.

Es geht auf der Südseite der Pegnitz zurück in Richtung Zentrum – vorbei am Freibad, danach entlang der Wöhrder Wiese. Dort gibt es wieder eine Versorgungsstelle (km7). Jedoch ist für mich diesmal eher Entsorgung dran… Dankbar nehme ich das Angebot des mobilen Tempels der Erleichterung (auch bekannt als DIXI-Häuschen) an. Das kostet mich zwar fast 20sec, aber es läuft sich danach deutlich entspannter.

In der Entfernung habe ich schon mehrfach den Pacemaker für die 1:45h mit seinen Luftballons gesehen. Stück für Stück ziehe ich mich näher heran. Die Strecke verändert sich: Anstelle der flachen, geteerten Trasse entlang der Wiese geht es nun unter der Stadtmauer hindurch und über die Insel Schütt. Die ist tatsächlich aufgeschüttet, daher der Name. Im Mittelalter hat man einfach alles in den Fluss geschmissen, sehr zum Leidwesen der flußabwärts gelegenen Stadt Fürth. Der Untergrund wird nun abwechslungsreicher, wenn auch nicht einfacher: Immer wieder Kopfsteinpflaster. Da heißt es Achtgeben beim Auftreten. Direkt nach km8 geht es zum ersten Mal den Nonnensteig hoch. Ich mache diesmal bewusst kleine Schritte und etwas langsamer. Die Zeit hole ich oben locker wieder raus, weil ich nicht so sehr entkräftet bin und durchstarten kann.

Im Zickzack geht es nun durch die Altstadt, km9 und kurz vor dem Ziel-Durchlauf auf der langen Geraden steht das 10km-Schild. Alles bisher absolut super gelaufen. Ich fühle mich noch wunderbar fit und die Zeiten haben sich um die 4:51 herum verfestigt. So konstant bin ich schon lange nicht mehr gelaufen. Also mit Schwung in die 2.Runde, Getränke oder etwas essen lasse ich wieder weg. Ob das eine gute Idee ist weiß ich nicht, aber es läuft sich gerade so herrlich locker – da will ich nichts essen.

Wieder passieren wir den Hauptbahnhof und es geht leicht bergab an die Pegnitz. Diesmal mit etwas anderer Streckenführung, nicht mehr oben am Prinzregenten-Ufer entlang, sondern näher an der Pegnitz auf dem Rad- und Fußweg. Ein Zuschauer feuert uns an: Die Hälfte habt ihr, hier ist Kilometer 11,6. Mir wird bewusst: Ja die Hälfte ist es, aber der Zenit war doch schon vor mehr als 1km. Das ist ja fast so skurril wie die Leute, die auf der ersten Runde schon meinten, wir hätten 17km hinter uns. Sie haben nur die Schilder gesehen, aber nicht erfasst, dass wir 2 Runden absolvieren. Am Wöhrder See geht es wieder auf die bekannte Trasse der ersten Runde. Wieder vorbei an der Versorgung "Altenheim". Flüchtig nehme ich zur Kenntnis, dass der neue Boulevard-Steg am Seeufer fertig ist und rege genutzt wird. Aber keine große Zeit mich auf solche Nebensächlichkeiten zu konzentrieren. Wichtiger ist jetzt die Strecke.

Km14 liegt hinter mir. Wahnsinn – schon zwei Drittel der Strecke sind geschafft. Und ich fühle mich nicht so ausgepowert wie sonst. Meine Zeiten sind etwas eingebrochen. Ich beschleunige ein wenig, um weiterhin unter 5 Minuten zu bleiben. Den Pacemaker mit 1:45 habe ich schon in der City hinter mir gelassen. Damit müsste meine Zeit recht annehmbar werden.

Wieder geht es über die Brücke, und diesmal eine kleine Extra-Schleife zum Wendepunkt. Was macht man nicht alles, um die 21,1km vollzubekommen. Das Feld hat sich stark auseinander gezogen. Auf der anderen Seite des Sees sieht man die orangene Schlange auf dem Fußweg. Mein Blick fällt auch auf die Vegetation rund um den Wöhrder See. Eine Menge Laub hat sich schon verfärbt und einiges wird durch die Windböen herrlich durch die Luft gewirbelt. Den Wind bekommen wir besonders zu spüren, als es aus der “Deckung” durch die Uferbüsche heraus geht. Richtig unangenehm kommt der Wind entgegen. Aber es ist ja nicht mehr weit, keine 4km mehr liegen vor mir und ich liege noch immer super in der Zeit.

Vorbei an der km18-Versorgung geht es wieder auf die City zu. Ich bremse mich etwas, nur nicht zu viel Energie jetzt schon verpulvern. Es sind noch 2 Steigungen zu bewältigen. Ich verfluche mich, dass ich vergessen habe mir Traubenzucker einzustecken. Eigentlich hatte ich vor, es diesmal zu probieren, ihn auf den letzten 3km einzuwerfen, um die Steigungen besser angehen zu können. Macht nix – wird auch so gehen.

Den Nonnensteig komme ich noch recht gut hoch. Aber irgendwie verschlucke ich mich beim Trinken aus der Flasche. Ein ordentlicher Hustenanfall, der mich zum Anhalten zwingt ist die Folge. Ärgerlicherweise zieht auch der Pacemaker mit den 1:45 an mir vorbei. Halbwegs erholt vom Husten mache ich mich an die Verfolgung. Schätzungweise 1min hat mich das gekostet. Merke: Auch Trinken beim Laufen will gelernt sein…

Immerhin: Es sind nur noch 2km, auch deshalb will ich jetzt nicht mehr aufgeben. Ich mobilisiere was ich noch aufbieten kann, auch wenn ich merke: Etwas Energie und Elektrolyt-Nachschub wären nicht verkehrt gewesen. Aber dafür gibt es jetzt jede Menge Leute an der Strecke, die Stimmung machen. Und auch wieder ein Motivationsschild: 20km gemeistert! Der letzte ist auf alle Fälle Ehrensache. Rein geht es in den Frauentorgraben. Die Stimmung dort ist großartig, überall Leute die anfeuern, mit Klatschen, Tröten und lauten Rufen. Bleibt nur noch die letzte Steigung zu bewältigen. Der Pacemaker liegt immer noch 20m vor mir. Ich gebe es auf, ihn am letzten Kilometer noch einzuholen. Immerhin bin ich ja deutlich hinter ihm gestartet, die 1:45 sollten also netto möglich sein.

Endlich: Die Steigung hat ein Ende: Die Haarnadelkurve rum und schon ist man auf der Zielgeraden: Noch 300m bis zum Zielbogen. Mit einmal geht alles leicht, auch wenn ich die Anstrengung spüre. Ich sauge mich nach und nach an die Läufer vor mir heran und überhole einige bevor es über die Ziellinie geht. Geschafft!

Im Ziel gibt es reichlich Verpflegung: Isotonische Getränke, alkoholfreies Weizen, Müsli-Riegel, Kuchen, Äpfel und etwas richtig leckeres: Tomaten! Hatte ich noch nicht, aber definitiv eine Abwechslung. Ich mache mich bald wieder auf, denn da ich nicht mehr laufe wird mir kühl obenrum. Ab in die Tiefgarage und die Windjacke rausholen. So eingepackt schreite ich zu meinem zweiten Gang Verpflegung. Außerdem nutze ich den Service des Sponsors und gebe meine Medallie zur Gravur ab. Nach der Registrierung bekommt man die Medaille kostenlos mit Name und Finisherzeit graviert. Da ich mir recht sicher bin unter 1:45 geblieben zu sein lasse ich mir das nicht entgehen.

Nun heißt es nochmal ein Stück gehen, die Duschen finden sich in einer nahegelegenen Schule. Auch das hat sich seit Jahren echt bewährt.

Zum Abschluss meines Tages gehe ich mit Helga und Heinrich, wie immer, noch Pizza essen in der Osteria in Mögeldorf. Die Pizzen dort sind verdammt groß, aber genau richtig für nach dem Halbmarathon. Aufgezehrte Kalorien werden direkt wieder ersetzt.

Eine schöne Art den Tag der deutschen Einheit zu begehen.

CU Kai
Weiterführender Link zum Thema: Bildbericht von Erwin
 
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